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JFM beim 11. Stiftungsrechtstag an der RUB

Die deutsche Stiftungsrechtsszene wächst schnell. Über 20.000 rechtsfähige Stiftungen bürgerlichen Rechts sind bei den 16 Bundesländern, den 20 evangelischen Landeskirchen und den 27 Diözesen als staatliche und kirchliche Stiftungsaufsicht registriert.

Hinzu kommen mindestens 20.000 weitere nicht rechtsfähige Stiftungen, die durch eine Treuhand bei einem Vermögenstreuhänder oder durch Auflage an einen Beschenkten oder Erben geschaffen worden sind.

Im Umfeld von Unternehmen wie Bosch, Fresenius, Hopp, Volkswagen usw. sind die Stiftungen milliardenschwer. Andere Stiftungen bewegen sich an der Untergrenze für die erforderliche Nachhaltigkeit, die von den einzelnen Bezirksregierungen (Regierungspräsidien) landesrechtlich bei 50.000,- oder 100.000,- Euro Stiftungskapital gesehen wird.

Kein Wunder also, dass die auf Erbrecht und Erbschaftsteuerrecht spezialisierte Kanzlei Jordan Fuhr Meyer in Bochum auch das Stiftungsrecht und dessen aktuelle Entwicklungen interessiert begleitet.

Der 11. Stiftungsrechtstag an der Ruhr-Universität Bochum (RUB) am Freitag, 17.02.2017 war eine gute Gelegenheit, aktuelle Entwicklungen kritisch und engagiert zu verfolgen und mit Vertretern von Stiftungen, Beratungsunternehmen, Ministerien, Bezirks- und Kirchenbehörden vertieft ins Gespräch zu kommen.

Die wichtigsten Vorträge haben wir für Sie kurz zusammengefasst:

Den aus unserer Sicht für Praktiker wichtigsten Vortrag hielt Prof. Dr. Sebastian Unger, ein noch junger Lehrender an der RUB, der dort das öffentliche Recht repräsentiert. Er vermochte souverän, den Teilnehmern aktuelle Entscheidungen des Bundesfinanzhofes vorzustellen welche die „Aktuellen Entwicklungen im Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht“ ebenso prägen wie die Aktivitäten des Gesetzgebers und jene der Verwaltung.

Zu nennen ist hier insbesondere BFH, Beschluss vom 24.05.2016, V B 123/15: Kunstbegeisterte Eheleute hatten eine Kunststiftung errichtet und ihre Gemäldesammlung vom übrigen Vermögen separiert, ohne sie auszustellen. Das war dem BFH zu wenig der Selbstlosigkeit und der Förderung der Allgemeinheit, was zwingende Voraussetzungen für eine steuerbegünstigte Kunststiftung sind, so dass der Stiftung die Gemeinnützigkeit versagt blieb. Fazit hieraus: Man sollte seine Gemälde, Uhren oder Oldtimer schon von Zeit zu Zeit ausstellen, wenn man sie in eine gemeinnützige Stiftung packen will, sonst spielt der Bundesfinanzhof nicht mit.

Eine weitere vorgestellte Entscheidung, BFH vom 18.02.2016, V R 60/13, BFH/NV 2016, 1116, betraf die häufige Konstellation, dass eine gemeinnützige Stiftung Anteile an einer GmbH & Co. KG hält, die ihrerseits ein Wohn- und Geschäftshaus an gewerbliche Mieter überlässt. Hierzu hat der BFH entschieden, dass es sich grundsätzlich nicht um Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung der gemeinnützigen Stiftung handelt, sondern um Einnahmen aus Gewerbebetrieb der darunter vorhandenen GmbH & Co. KG. Stellt aber – so war der Fall gelagert – die GmbH & Co. KG ihren Geschäftsbetrieb ein und vermietet nur noch das ehemalige Firmengebäude, so erzielt die Stiftung nunmehr Einnahmen aus steuerfreier Vermögensverwaltung. Fazit hieraus: Man muss aufpassen, wenn eine Stiftung an einem Gewerbebetrieb beteiligt ist, und sorgfältig gestalten. Denn nicht immer ist – wie in dem vom BFH entschiedenen Fall – keine genuin gewerbliche Tätigkeit mehr vorhanden.

Die Abgrenzung von steuerfreier Vermögensverwaltung und wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb bleibt also ein Klassiker, wie die anschließende Diskussion weiterer Entscheidungen des BFH ebenso ergab wie das eine oder andere Pausengespräch mit Tagungsteilnehmern.

Einen weiteren Praktikervortrag trug Prof. Dr. Dr. Christoph Stumpf, der als Jurist und Theologe ausgebildet und in einer Rechtsanwaltskanzlei tätig ist, mit seiner Analyse der „Auflösung und Satzungsänderung bei unselbständigen Stiftungen“ bei.

Die Modelle der Treuhandstiftung und der Auflagenstiftung stellte er den Teilnehmern mit ihren Vor- und Nachteilen, ihren Möglichkeiten und Unmöglichkeiten detailliert vor.

Beendigungsalternativen wie Unmöglichkeit, Kündigung, Widerruf und einvernehmliche Beendigung unter Beteiligung aller Stakeholder stellte er mit ihren jeweiligen Problemen ebenso umfassend dar wie Satzungsänderungen bzw. Umgestaltungen als milderes Mittel der Gestaltung, wenn die Stiftung nicht mehr rund läuft.

In der folgenden Diskussion zeigte sich rasch, dass in einer ausgesprochenen Niedrigzinsphase die Themen Auflösung, Satzungsänderung, Umwandlung in eine (Teil-) Verbrauchsstiftung und Zusammenlegung von Stiftungen gleichen Zwecks durchaus auch für rechtsfähige Stiftungen ein Thema darstellen, das an Wichtigkeit gewinnt:

Viele kleinere Stiftungen erwirtschaften kaum noch die erforderliche Rendite, um ihren Jahresabschluss aufstellen lassen zu können, geschweige denn, den Stiftungszweck ernsthaft zu verfolgen.

Gerade die Zusammenlegung von Stiftungsvermögen kann hier ein Weg in eine geordnete Zukunft sein, ebenso auch die Umwandlung in eine Verbrauchsstiftung, um wenigstens für einen beschränkten Zeitraum den Stifterwillen noch in vollem Umfang erfüllen zu können.

Frau Silvia Bartodziej aus dem Bundesjustizministerium ist Mitglied der Bund-Länder-Arbeitsgruppe, die das Stiftungsrecht modernisieren soll. Sie stellte in ihrem Vortrag „Stiftungsrechtliche Reformüberlegungen“ die Ergebnisse der Arbeitsgruppe vor, und zum Erstaunen vieler Teilnehmer zeigte sich, dass es noch keine gesicherten Maßgaben für die bevorstehende Stiftungsrechtsreform gibt: Es ist noch nicht sicher, was kommen wird. Sicher sind nur die Themenkreise, welche die Reform angehen wird: Auflösungs- und Aufhebungsgründe, Änderungen der Stiftungssatzung, Zulegung und Zusammenlegung von Stiftungen sind, der Niedrigzinsphase geschuldet, die großen Themen, die sich unter den Begrifflichkeiten Abwicklung und Rationalisierung zusammenfassen lassen. Unsicher ist auch noch, ob und in welcher Form ein Stiftungsregister kommen wird.

 

Frau Carina Leichinger aus dem Bundesfinanzministerium ist im Gemeinnützigkeitsreferat tätig. In ihrem hervorragenden Vortrag „Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz im Steuerrecht“ stellte sie zunächst die Anforderungen an die Gemeinnützigkeit und die zentralen Begriffe der Abgabenordnung zu diesem Thema, nämlich Selbstlosigkeit und Zweckverwirklichung, vor. Die sich aus Gesetz und Rechtsprechung ergebenden Grenzen des Verlustausgleichs wurden ebenso von ihr behandelt wie die Pflicht zur zeitnahen Mittelverwendung und die Problematik der wirtschaftlichen Aktivitäten in einem Zweckbetrieb. Eine präzise Darstellung der Grundsätze der Spendenhaftung nach dem Einkommensteuergesetz rundete die gelungene Darstellung ab.

Frau Martina Schmidt ist im Innenministerium NRW für die Stiftungsaufsicht im Bezirk Münster zuständig. Die Schilderung der Möglichkeiten einer geneigten Stiftungsaufsicht war so eindrucksvoll, dass Widerspruch aus dem Ministerium selbst wie auch von Teilnehmern aus anderen Bezirksregierungen nicht ausblieb. So konnten wir uns aufgrund der mitunter geradezu hitzigen Diskussion auch hinsichtlich derjenigen Behörden, mit denen wir nicht in ständigem Kontakt stehen, ein sehr gutes Bild machen, wo man derzeit mehr oder weniger obrigkeitsstaatlich denkt, und wo im Bundesgebiet Stifter und Stiftungsvorstände auf mehr oder weniger Entgegenkommen hoffen können.

Herrn Prof. Dr. Karlheinz Muscheler von der RUB als Organisator möchten wir auch von dieser Stelle aus unseren Dank aussprechen: Es handelte sich um eine rundum gelungene, informative und professionelle Veranstaltung, so dass wir uns auf den 12. Stiftungsrechtstag an der RUB im Jahr 2018 bereits jetzt freuen.

 


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